Olivenöl – wenn es schmeckt, taugt es nichts

Die Olive ist eine der ältesten Kulturpflanzen und das daraus gewonnene Olivenöl ein sagenhafter Booster für unsere Gesundheit. Es soll der Hauptgrund dafür sein, dass die mediterrane Ernährung so gesund ist. Aber ist es wirklich das Öl, das so gesund ist? Oder steckt die Power des Olivenbaumes am Ende an einem unerwarteten Ort?

Grünes Olivenöl enthält viel Chlorophyll
Grünes Olivenöl enthält viel Chlorophyll

Das steckt in Olivenöl

Olivenöl besteht fast ausschließlich aus Fett, enthält aber ein bis drei Prozent andere Bestandteile, die ebenso zu den gesundheitlichen Effekten des Öls beitragen. Vielleicht sogar mehr, als bisher angenommen.

Olivenöl ist durch seinen hohen Anteil (65 – 83 %) an Ölsäure gekennzeichnet. Diese einfach ungesättigte Fettsäure besteht aus 18 Kohlenstoffeinheiten, mit einer Doppelbindung am neunten Kohlenstoff vom Ende aus gezählt. Es handelt sich also um eine Omega-9-Fettsäure. Die Chemikerin schreibt 18:1 (ω−9).

Daneben kommen noch viele verschiedene andere Fettsäuren vor, aber nur die gesättigte Palmitinsäure (C16) mit 10 – 20 % und die zweifach ungesättigte Linolsäure (18:2 (ω−6)) mit 5 – 15 % kommen in erwähnenswerten Mengen vor.

Das Fett des Olivenöls besteht zum überwiegenden Teil aus Triglyceriden. Das sind Fette, bei denen jeweils drei Fettsäuren mit den reaktionsfähigen Gruppen eines Glycerinmoleküls verbunden sind. Das sind OH-Gruppen, Alkohole also und so handelt es sich hier um Esterbindungen. Das nur nebenbei, aber man hat es vielleicht im Zusammenhang mit Fetten schon einmal gehört.

Die Triglyceride enthalten meist drei Ölsäurereste, manchmal auch zweimal Ölsäure und entweder einen Palmitin- oder Linolsäurerest.

Die Olivenfrüchte enthalten fettabbauende Enzyme, die Lipasen, die bei schlechter Verarbeitung während der Ölproduktion aktiv werden können. Sie spalten die Triglyceride und setzen Fettsäuren frei. Dann steigt der Säuregehalt des Öls. Das ist nicht erwünscht und mindert die Qualität

Olive in Olivenöl

Weitere Inhaltsstoffe

Außerdem enthält Olivenöl noch Phytosterine, vor allem β-Sitosterin. Es macht 75 – 90 % der Phytosterine des Olivenöls aus, aber es gibt bessere Quellen für diese Verbindung. Der Gehalt an Phytosterinen ist ein wichtiges Kriterium für die Qualitätskontrolle.

Weitere bioaktive Verbindungen in Olivenöl sind Tocopherol, auch als Vitamin E bekannt und Squalen, ein Kohlenwasserstoff, ein Zwischenprodukt der Phytosterinsynthese. Es wird für einen Teil der gesundheitlichen Effekte verantwortlich gemacht.

Zurzeit stehen die Polyphenole im Olivenöl in Focus des Interesses. Insgesamt hat man aber schon mehr als 30 phenolische Verbindungen in Olivenöl entdeckt. Hydroxytyrosol ist das wichtigste Polyphenol im Olivenöl. Es wirkt wie ein ordentliches Polyphenol entzündungshemmend, antioxidativ, verbessert die Blutfette und reduziert die Größe von Fettzellen. Aber es ist eigentlich hydrophil, also wasserlöslich, und ein großer Teil geht während der Ölpressung verloren und landet in den Nebenprodukten.

Das andere bedeutende Polyphenol ist Oleuropein. Es kommt hauptsächlich in Olivenblättern vor und macht in unreifen, grünen Oliven bis zu 15% des Trockengewichts aus.

Und last but not least enthält Olivenöl Pigmente wie Chlorophyll und verschiedene Carotinoide. Chlorophyll ist grün und erlaubt Rückschlüsse auf den Erntezeitpunkt der Früchte und damit auf den Polyphenolgehalt.

Who is who im Olivenöl?

Ursprünglich hielt man das Fettsäureprofil, vor allem den hohen Anteil an der einfach ungesättigten Ölsäure, dafür verantwortlich, dass Olivenöl gesund ist. Aus Ölsäure entsteht im Stoffwechsel Ölsäureethanolamid und das ist für die positiven gesundheitlichen Effekte verantwortlich. Zumindest zum Teil. Schließlich hat man ihm antithrombotische, herzschützende, entzündungshemmende, blutdrucksenkende und immunstärkende Effekte nachgewiesen.

Heute ist man da nicht mehr so sicher, ob es die Fettsäure allein ist und geht davon aus, dass auch die „Nebenprodukte“ im Öl, Phytosterole, Polyphenole, Squalen, Tocopherol und verschiedene Pigmente daran auch einen großen Anteil haben.

Deswegen schätzen wir Olivenöl

Schutz vor Herz-Kreislauferkrankungen

Eine groß angelegte Studie mit 7500 Teilnehmern zeigte, dass eine typische mediterrane Ernährungsweise mit reichlich Olivenöl das Risiko von Herzinfarkt und Schlaganfall um ein Drittel senken kann. Als Vergleich diente eine Gruppe, die einer fettarmen Diät folgte. Verschiedene Studien zeigen ähnliche Ergebnisse. Erzielen kann man diese Erfolge aber nur mit echtem Olivenöl und nicht mit Olivenölkapseln. Für die Wirkung sind sowohl die Olivenöl Polyphenole als auch die einfach ungesättigte Ölsäure verantwortlich.

Olivenöl wirkt antioxidativ und schützt die Blutfette vor Oxidation. Oxidiertes LDL wird von seinem eigentlichen Rezeptor nicht erkannt und bleibt erst einmal im Blut. Weil das aber keine Dauerlösung ist, wir es anschließend von den Makrophagen in der Gefäßwand ungehemmt aufgenommen und es entstehen sogenannte Schaumzellen. Diese Gefäße nennt man „verkalkt“ sieht darin zurzeit als Ursache für Arteriosklerose.

Für die antioxidative Wirkung sind die phenolischen Bestandteile des Olivenöls verantwortlich.

Eine Studie zeigte allerdings, dass eine cholesterinreiche Ernährung in Kombination mit Olivenöl den Gesamtcholesterinspiegel und das LDL ansteigen ließ. Man vermutete, dass die Ursache dafür der Anstieg der fettabbauenden Enzyme in der Leber, die durch das Olivenöl hervorgerufen wurde, verantwortlich war. Also bratet bitte eure Spiegeleier nicht in Olivenöl. 😉

Olivenöl und Cholesterin vertragen sich nicht
Olivenöl und Cholesterin vertragen sich nicht

Entzündungshemmende Aktivität

Entzündungen, auch solche, die man nicht bemerkt, sie werden als „stille“ bezeichnet, sind die Ursache vieler „modernere“ Krankheiten, deren Zahl fleißig am Steigen ist. Durch den regelmäßigen Verzehr von Olivenöl sinken die typischen Entzündungsmarker IL-6, TNF-α und CRP. Dafür muss man nur drei Monate lang regelmäßig Olivenöl essen. Besonders stark war der positive Effekt des Olivenöls, wenn schon Vorerkrankungen wie Diabetes oder ein Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen bestanden. Olivenöl macht sich aber bei allerhand entzündlichen Prozessen im Körper gut. Auch für die entzündungshemmende Wirkung werden die Polyphenole verantwortlich gemacht.

Krebshemmende Eigenschaften

Auch Krebs kommt da deutlich seltener vor, wo viel Olivenöl gegessen wird. Die Inzidenzen verschiedener Krebserkrankungen korrelieren negativ mit dem Konsum von Olivenöl. Studien an Zellkulturen und Tiermodellen belegen, dass der krebshemmende Effekt tatsächlich auf das Olivenöl zurückgeht. Es sind mal wieder die Polyphenole.

Olivenöl und das Darm-Mikrobiom

Der größte Teil der Polyphenole aus dem Olivenöl wird im Dünndarm gar nicht resorbiert, sondern im Dickdarm von den Darmbakterien verarbeitet. Erst deren Stoffwechselprodukte gelangen dann in unseren Stoffwechsel und vermitteln all die wohltuenden Effekte. Aber die Polyphenole wirken auch präbiotisch und füttern unsere kleinen Symbionten, damit sich die richtigen vermehren, denn schwarze Schafe, die mehr schaden als nutzen gibt es auch in unserem Darm. Insgesamt ist ein artenreiches Darm-Mikrobiom vorteilhaft und Olivenöl fördert diese Artenvielfalt. Ein gesundes Darm-Mikrobiom kann richtig viel für unsere Gesundheit tun.

Wer reichlich polyphenohaltiges Olivenöl konsumiert, vermehrt nicht irgendwelche Bakterien, sondern solche, die sich besonders positiv hervortun, wie Bifidobakterien und Lactobacilli, in seinem Darm. Die gehören zu den „Guten“, die wollen wir dort haben.

Was kann Olivenöl noch?

Das Hauptpolyphenol Hydroxytyrosol verleiht dem Olivenöl einen Anti-Aging-Effekt. Außerdem macht es sich im Fettgewebe nützlich und fördert die Vermehrung der Mitochondrien. Dann können wir mehr Energie erzeugen und verbrauchen. Das macht leistungsstark. Es hält auch das Blut flüssig und verbessert den Blutfluss. Und bei Mäusen verbessert es das Gedächtnis und die Lernfähigkeit. Und nicht zuletzt wirken die Olivenöl Polyphenole antimikrobiell gegen Bakterien, Viren und Pilze.

Polyphenole in Olivenblättern und Früchten

Der andere Weg zu Olivenpolyphenolen geht über die Blätter. Olivenblättertee ist in der Heimat der Olivenbäume ein beliebtes Getränk. Sein Geschmack erinnert leicht an Grüntee und das liegt an den reichlich enthaltenen Polyphenolen. Oleuropein steckt da drin.

Tafeloliven werden die bitteren Phenole entzogen.

Man könnte glauben, dass Tafeloliven eine sichere Quelle für Polyphenole sein könnten. Aber weil sie so bitter schmecken, werden sie den Oliven entzogen, um sie überhaupt essbar zu machen.

Es gibt verschiedene Methoden, die Oliven aufzuarbeiten, damit sie genießbar werden. Sie werden mit einer Natriumhydroxid- oder Kochsalzlösung behandelt und anschließend fermentiert. Es gibt drei gängige Methoden, Oliven aufzubereiten

die spanische Methode

Die Oliven werden grün geerntet und mit NaOH behandelt. Dadurch wird das bittere Oleuropein gespalten. Anschließend werde die Oliven in einer Kochsalzlösung fermentiert. Da findet eine Milchsäuregärung statt.

Grüne Oliven

die kalifornische Methode

Die Oliven werden kurz vor der Reife geerntet und für zwei bis sechs Monate in eine Kochsalzlösung eingelegt. Auch hier findet eine Milchsäuregärung statt. Anschließend werden die Oliven mit NaOH behandelt, um die Bitterstoffe zu entfernen. Die Oliven werden in ihrer Suspension mit Luft gespült. Dadurch oxidieren die Polyphenole und es bilden sich dunklere Farbstoffe. Manchmal werden auch Metallsalze zugesetzt, um die Farbe zu stabilisieren.

die griechische Methode

Die Oliven werden reif geerntet und in eine Kochsalzlösung eingelegt. Für die anschließende Fermentation werden die Bedingungen so gewählt, dass nicht nur Milchsäurebakterien, sondern auch andere Bakterien und Hefen aktiv werden. Während der Fermentation wandern die Bitterstoff in die Lösung und werden abgebaut.

schwarze Oliven

Der Haken an der Geschichte

Das wäre alles ja zu schön, um wahr zu sein. Für diese positiven Effekte muss das Öl allererste Qualität und einen hohen Polyphenolgehalt besitzen. Extra vergine. Die genaue Zusammensetzung des Öls hängt von vielen Faktoren ab, die nicht immer leicht zu kontrollieren sind.

Extra vergine steht auf allen Olivenölflaschen, auch auf den billigen beim Discounter. Aber kann man sich darauf verlassen, dass auch drin ist, was drauf steht?

Gutes Olivenöl ist kostbar und deswegen wird es gerne gepanscht oder gefälscht. Das lohnt sich aber am ehesten für die hochpreisigen Öle. Und die billigen? Glaubt man den Experten, kann zu den Discounterpreisen keine Qualität in der Flasche stecken. Trotzdem schneiden die bei Test oft gar nicht so schlecht ab. Die Frage ist nur, was da geprüft wird.

So könnt Ihr Fälschungen erkennen

Die Polyphenole im Olivenöl schmecken bitter und kratzen im Hals. Das wäre ja schon mal ein Anhaltspunkt für die häusliche Qualitätskontrolle. Der Polyphenolgehalt der Früchte ist während der Reife am höchsten, wenn die Farbe von grün nach violett umschlägt. Polyphenolreiche Öle kann man deshalb an der Farbe erkennen. Weil noch viel Chlorophyll vorhanden ist, sind sie eher grün gefärbt. Bei späterer Ernte ist das Öl eher goldgelb. Aber auch hier trickst man gerne mit einer Extraportion Chlorophyll. Polyphenole oxidieren leicht und gehen verloren. Deswegen sollte das Öl immer aus der frischen Ernte hergestellt sein. Mittlerweile wird der Polyphenolgehalt auch schon analysiert und auf dem Etikett angegeben.

Wegen seines hohen Gehalts an einfach ungesättigter Ölsäure flockt Olivenöl auch bei niedrigen Temperaturen gerne aus. Wenn es nicht flockt, ist es vielleicht gepanscht. Aber wenn es flockt, kann es genauso gut gepanscht sein. Von einem schlauen Fälscher, der mit gesättigten Fetten arbeitet. Zum Beispiel Kokosöl.

Lasst euch den Appetit trotzdem nicht verderben. Ein bisschen Olivenöl wird auch in den billigen Flaschen stecken. 🙂

Quellen:

Jimenez-Lopez C, Carpena M, Lourenço-Lopes C, et al. Bioactive Compounds and Quality of Extra Virgin Olive Oil. Foods. 2020;9(8):1014. Published 2020 Jul 28. doi:10.3390/foods9081014

Marcelino G, Hiane PA, Freitas KC, et al. Effects of Olive Oil and Its Minor Components on Cardiovascular Diseases, Inflammation, and Gut Microbiota. Nutrients. 2019;11(8):1826. Published 2019 Aug 7. doi:10.3390/nu11081826

Romani A, Ieri F, Urciuoli S, et al. Health Effects of Phenolic Compounds Found in Extra-Virgin Olive Oil, By-Products, and Leaf of Olea europaea L. Nutrients. 2019;11(8):1776. Published 2019 Aug 1. doi:10.3390/nu11081776

Rocha J, Borges N, Pinho O. Table olives and health: a review. J Nutr Sci. 2020;9:e57. Published 2020 Dec 2. doi:10.1017/jns.2020.50




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