Hass Avocado sollte man lieben

Abgesehen von ihrer schrecklichen Ökobilanz ist die Avocado echt ein tolles Früchtchen, auch wenn es sich nicht für die reichlich strapazierte Bezeichnung „Superfood“ qualifiziert.

Avocados schmecken lecker, cremig und bestehen trotzdem zu fast 80 % aus Wasser. Sie sind reich an Ballaststoffen, Vitaminen und Mineralstoffen. Ihr Fett ist hoch ungesättigt und reich an Ölsäure, wie sie auch in Olivenöl vorkommt. Zeaxanthin und Lutein, zwei Carotinoide, stecken drin und β-Sitosterin, ein Phytosterin und noch weitere Polyphenole.

Avocado und Guacamole - lecker und gesund

Manche Leute lieben Avocados so sehr – und sind dabei so skrupellos 😉 – dass sie täglich gut eine halbe Avocado essen. Und im Vergleich zu Avocadomuffeln nehmen sie deutlich mehr Ballaststoffe, einfach ungesättigte Fettsäuren (nämlich Ölsäure), Vitamin E und C, Folsäure, Magnesium, Kalium und insgesamt mehr Obst und Gemüse zu sich. Dafür hapert es an der Aufnahme von Natrium, was in der Tat kein großer Verlust ist, wenn man bedenkt, dass wir täglich fast das Doppelte der empfohlenen Verzehrmenge von fünf Gramm zu uns nehmen.

Die Hass Avocado schneidet dabei am besten ab. Andere Sorten unterscheiden sich von ihr vor allem im Fettsäureprofil. Aber die Hass Avocado ist ohnehin die beliebteste Sorte und hat einen Marktanteil von rund 90 %. Es gibt unzählige Studien zu Avocados, aber sie konzentrieren sich alle auf diese eine Sorte.

Vielleicht hat das aber auch nicht viel zu bedeuten. Schließlich haben alle Forschenden irgendwie ein Lieblingstier: Mikrobiologen stehen auf Colibakterien, Genetiker auf Drosophila melanogaster, die Fruchtfliege, Zoologen auf den Fadenwurm Caenorhabditis elegans und Botaniker auf Arabidopsis thaliana, die Acker-Schmalwand.

Avocados verbessern die Blutfette

In einer Studie verabreichte man übergewichtigen oder fettleibigen Personen, die außerdem noch erhöhtes LDL Cholesterin hatten, zwei Wochen lang eine „normale“ Durchschnittskost und teilte sie anschließend in drei Gruppen ein. Je eine Gruppe erhielt fünf Wochen lang

  • eine fettreduzierte Diät mit knapp 60 % Kohlenhydraten und 24 % Fett (7 % gesättigt, 11 % MUFA, 6 % PUFA),
  • eine gemäßigt fettreduzierte Diät mit knapp 50 % Kohlenhydraten und 34 % Fettanteil, davon viel ölsäurehaltiges Sonnenblumenöl (17 % MUFA, 6 % gesättigt, 9 % PUFA) oder eine
  • dieselbe gemäßigt fettreduzierte Diät mit einer Hass Avovcado täglich

Bei den Avocadoessern sank das Gesamtcholesterin und auch das „böse“ LDL Cholesterin im Vergleich zur Normalkost deutlich. Bei der fettarmen Diät stiegen die Triglyceridwerte und das VLDL (auch ein „böses“) sogar an. Nur bei den Avocadoessern verbesserte sich das Verhältnis von LDL zu HDL, es sank, und die Größe der LDL Partikel nahm ab, was ebenfalls gut für die Gefäße ist.

Im Vergleich zur Normalkost nahm der Gehalt an oxidiertem LDL ab. Das ist super, denn oxidiertes LDL ist besonders schädlich und gilt als einer der Auslöser für Atherosklerose. Gleichzeitig nahem der Luteingehalt im Blutplasma zu. Wir erinnern uns: Lutein, ein Carotinoid. Diese Stoffgruppe ist als Antioxidans unterwegs.

Die Hamburger Challenge

Noch eine verblüffende Studie führen die Autoren meines Übersichtsartikels an: Die Hamburger Challenge – tierisches Fett und Avocado treten gegeneinander an. Was passiert überhaupt, wenn wir Hamburger essen? Und kann die Avocado noch was retten?

Elf junge, normalgewichtige, gesunde Männer nehmen die Herausforderung an und verzehren einen 250 g Hamburger entweder allein oder zusammen mit einer halben Avocado. Die Forschenden schauen, was passiert. Normalerweise scheint ein Hamburger die Gefäße zu verengen. Zusammen mit Avocado bleibt dieser Effekt aus. Eine andere Studie verrät, warum das so ist: Die Avocado auf dem Hamburger erhöht die Verfügbarkeit von Stickstoffmonoxid. Das wirkt gefäßerweiternd. Außerdem hemmt die Avocado die Oxidation von Blutfetten.

Insgesamt stärkt Avocado die Endothelfunktion und optimiert den Blutfluss. Das Fettsäureprofil optimiert außerdem die Insulinsensitivität und Insulin scheint für die Funktion der Endothelzellen wichtig zu sein.

Avocados und das Körpergewicht

Schön wär es ja, wenn die leckeren Früchtchen die „Pfunde purzeln“ lassen würden, wie es immer so hübsch heißt. Eine klinische Studie untersuchte genau das an übergewichtigen Personen, die im Rahmen einer Reduktionsdiät täglich ein Defizit von 500 kcal zu sich nahmen. Eine Gruppe erhielt bei identischem Energiegehalt täglich eine Avocado. Es gab keine Unterschiede beim Verlust von Gewicht, viszeralem Körperfett und BMI zwischen den beiden Gruppen. Allerdings fühlten sich die Teilnehmer der Avocadogruppe besser gesättigt.

Das bestätigen auch andere klinische Studien: Mit einer Avocado im Bauch verbessert sich das Sättigungsgefühl und der Appetit lässt deutlich nach. Diese Effekte kann man auch anhand der Verdauungshormone im Darm nachmessen. Zum Beispiel steigt der Gehalt an Peptid YY, einem Hormon, das die Darmpassage verlangsamt, nach dem Verzehr von Avocado deutlich an.

Und weitere Studien zeigen, Leute, die regelmäßig Avocado essen, tendenziell schlanker und leichter sind und ein um ein Drittel geringeres Risiko haben, Übergewicht zu entwickeln. Avocadoesser wiegen im Schnitt sechs Pfund weniger als Nicht-Avocadoesser. Hier handelt es sich allerdings um Beobachtungsstudien, die weniger aussagekräftig sind.

Darmbakterien und Alligatorbirnen

Wir leben in einer Symbiose mit drei Pfund Bakterien, die es sich vor allem im Dickdarm gemütlich machen. Dieses Darm-Mikrobiom wird zurzeit intensiv erforscht und es hat sich herausgestellt, dass eine ausgewogene Bakteriengesellschaft ungemein wichtig für unser Wohlbefinden ist. Durch unseren modernen Lebenswandel gerät das Gleichgewicht aber leicht aus dem Takt. Dann entwickelt sich eine Dysbiose und das wollen wir nicht.

Können Avocados da helfen? Auch dazu gibt es Studien. Die zeigen, dass durch den Verzehr einer Avocado am Tag die Artenvielfalt im Darm deutlich zunimmt. Es vermehren sich manche Arten (Gattungen, um genau zu sein), wie Faecalibacterium, Lachnospira und Alistipes, während andere, wie Ruminococcus und Roseburia, abnehmen.

Insgesamt nehmen durch den Avocadoverzehr Angehörige des Stammes der Firmicutes eher zu. Firmicutes sind die, die man nicht so gerne im Darm sieht. Sie erhöhen die Nährstoffausbeute und machen eher dick. Aber so genau trennen kann man die beiden Hauptstämme, Firmicutes und Bacteroidetes nicht. Viele sehr nützliche Darmbewohner gehören zu den Firmicutes.

Fazit:

Avocados sind schon gesund. Aber viele der gesundheitlichen Effekte, die sie vermitteln, kann man auch mit anderen Lebensmitteln erreichen, die ähnliche Inhaltsstoffe, aber eine bessere Ökobilanz haben.

Quelle:

Dreher, Mark L et al. “A Comprehensive Review of Hass Avocado Clinical Trials, Observational Studies, and Biological Mechanisms.” Nutrients vol. 13,12 4376. 7 Dec. 2021, doi:10.3390/nu13124376

Hinweis:

Dieser Artikel darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er enthält lediglich allgemeine Hinweise und bedient wissenschaftliches Interesse. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.

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