Der Prophet Mohammed soll gesagt haben: „Schwarzkümmel hilft gegen alles, außer den Tod.“ Mag stimmen, aber der kannte wohl keine Brennnesseln. Alle anderen kennen das haarige, wehrhafte Wildkraut. Aber habt ihr schon einmal Brennnesseln gegessen? Es ist eines der leckersten Blattgemüse überhaupt, schmeckt leicht nussig, etwas pelzig, sehr aromatisch – schwer zu beschreiben.
Jeden Frühling nehme ich mir vor, so viele Brennnesseln wie möglich zu verputzen, aber das klappt nur selten.
Die zarten Köpfchen, die in meinem Garten das Licht der Welt erblicken, kann ich nicht ernten. Die kenne ich ja persönlich und sie sind meine Mitbewohner. Das macht man nicht. Aber unterwegs nehm‘ ich dann doch gerne mal Brennnesseln vom Wegrand mit. Ich hab das Glück, dass ich sehr naturnah lebe und mir über Schadstoffe weniger Sorgen machen muss, als um Hundepipi.
Brennnesseln haben Tradition in Küche und Naturheilkunde
In Nepal und Indien bereitet man aus den Blättern und Stängeln der Brennnessel Gemüse, Suppe, Salat oder Tee zu. Kombiniert mit Mais, Hirse oder Weizenmehl, gewürzt mit Salz und Chile, ergibt es einen würzigen Porridge.
In unseren Breiten bereitet man Brennnesseln meist wie Spinat zu, aber beim googeln stolpert man über einige recht leckere Brennnesselrezepte.
Verschiedene Pflanzenteile werden in der Naturheilkunde traditionell zur Behandlung von Husten, Erkältungen, Fieber, Gelbsucht, Asthma, Hautverletzungen, Durchfall, Ruhr, Rheuma, Verdauungsbeschwerden und sogar Epilepsie verwendet. Brennnesseln wirken entwässernd, adstringierend, menstruationsfördernd und anthelmintisch (gegen Würmer). Ganz schön vielseitig, das Kraut. Wie kommt es dazu?
Die Inhaltsstoffe der Brennnessel
Brennnesseln sind eine gute Quelle für verschiedene Nährstoffe. Sie enthalten essenzielle Aminosäuren, Polyphenole, Ballaststoffe, Fette, Vitamine und Mineralien. Die genaue Zusammensetzung hängt aber von verschiedenen Faktoren, wie Erntezeit oder geografischen Bedingungen ab.
Ein Pulver aus getrockneten Brennnesselblättern enthält ca. 37 % Kohlenhydrate, 34 % Protein, 9 % Ballaststoffe und 4 % Fett. Damit kommt das Pulver auf einen Brennwert von 307 kcal/ 100g. Zurückgerechnet auf das Frischgewicht sind das immer noch 31 kcal/100g. Viel für grünes Blattgemüse, oder?
Brennnesseln enthalten:
- Aminosäuren
In der Brennnessel sind vier von acht essenziellen Aminosäuren vorhanden, außerdem GABA, Gamma-Aminobuttersäure, ein Derivat von Glutaminsäure und wichtiger Neurotransmitter.
Brennnesseln enthalten auch Carotinoide, vor allem Lutein, Lycopin, Violaxanthin und Neoxanthin. Aber die gehören ohnehin zu den gängigsten Carotinoiden und kommen oft vor.
- Flavonoide
Mehr als 20 Flavonoide produziert die Brennnessel, darunter „Berühmtheiten“ wie Apigenin (Sellerie, Petersilie, häufig), Catechin, Epicatechin, Epigallocatechin (Grüntee) Genestein (das Phytoöstrogen aus Sojabohnen, Naringenin ( kennt man aus Zitrusfrüchten, der Stoff, der die Medikamentenwirkung verstärken kann), Quercetin (Zwiebeln, Äpfel) und Rutin (Buchweizen, häufig).
- Phenolsäuren
darunter Kaffeesäure, Ferulasäure, Zimtsäure, Vanillesäure, Chlorogensäure
- Fettsäuren
darunter auch Laurinsäure, die sonst dem Kokosöl seine positive Wirkung aif die Gesundheit verleiht.
- organische Säuren
wie Acetat, Citrat, Malat, Formiat, Succinat
- Mineralstoffe und Spurenelemente
Der hohe Gehalt an den Mineralstoffen Kalium, Natrium, Calcium und Magnesium. trägt viel dazu bei, dass Brennnesseln so gesund sind. Außerdem enthalten die Nesseln reichlich Zink und Eisen. An das Eisen kommt man übrigens am besten, wenn man das Kraut direkt verzehrt, also nicht in Form irgendeines Extraktes, die meist in den Studien verwendet werden.
- Vitamine
An Vitaminen sind Vitamin C und einige B Vitamine (B1, B2, B3, B6) zu erwähnen. Der Vitamin C Gehalt liegt bei rund 300mg/100g und ist damit richtig hoch. Doppelt so hoch wie in der oft zitierten Petersilie, von der man ja selten 100 g isst.
- Schadstoffe
Ja, leider auch das. Die Brennnessel lebt halt auch in der heutigen Welt. Man findet also auch Schwermetalle wie Cadmium oder Blei.
Ihre besondere gesundheitliche Wirkung scheint sie dem Zusammenspiel verschiedener Bestandteile, synergistischen Effekten also, zu verdanken.
So machen sich Brennnesseln nützlich:
Sie wirken
- antioxidativ
Brennnesseln besitzen antioxidative Aktivität. Damit entschärfen sie reaktive Sauerstoffspezies, ROS, die sonst Schaden an verschiedenen Molekülen, Proteinen, Fetten, DNA, anrichten würden.
Eine Studie hat gezeigt, dass ein Extrakt aus Brennnesseln die Expression von Genen, die für antioxidative Enzyme (Katalase, Superoxiddismutase) erhöht – zumindest in Hühnern.
- entzündungshemmend
Ein Extrakt aus der Brennnessel hemmt die Bildung entzündungsfördernder Prostaglandine, indem es die Aktivität von Cyclooxygenasen herabsetzt. Diese Enzyme spielen eine Schlüsselrolle bei Entzündungsreaktionen, Schmerz und Fieber.
- gegen Diabetes und Übergewicht
Ein Brennnesselextrakt verbesserte in Ratten schon nach zwei Wochen nicht nur die Insulinresistenz, sondern senkte auch Nüchternblutzucker, LDL (das böse Cholesterin) und Leptin. Leptin ist ein Hormon aus dem Fettgewebe, das für das Sättigungsgefühl verantwortlich ist. Bei Übergewicht liegt aber oft eine Leptinresistenz vor und deswegen ist es gut, wenn der Leptinspiegel sinkt und das Signal wieder besser wahrgenommen wird.
- antibakteriell
Brennnesseln wirken antibakteriell gegen die gängigsten Krankheitserreger, wie Salmonella, Staphylococcus, Bacillus, Aeromonas, E. coli.
- gut für Herz und Kreislauf
weil sie unter anderem gefäßerweiternd wirken.
- schützen das Gehirn
Brennnesseln wirken sich positiv auf den Verlauf von neurodegenerativen Erkrankungen, wie Parkinson, Alzheimer oder Chorea Huntington aus. Besonders gut wirkt das Kraut in Kombination mit Sport. Der Transkriptionsfaktor NF-kβ, ein Protein, das die Aktivität entzündungsfördernder Gene anfeuert, und dadurch oxidativen Schaden in Gehirn anrichten kann, wird durch die Kombination von Sport und Brennnessel besonders stark gehemmt.
- helfen bei Allergien
Es hat sich gezeigt, dass Brennnesseln unter anderem dein Histaminrezeptor hemmen. Histamin spielt bei allergischen Prozessen eine wichtige Rolle.
Lasst euch also gelegentlich ein Brennnesselgericht schmecken.
Aber wenn ihr krank seid, geht zum Arzt! 🙂
Wie bereitet man Brennnesseln zu?
Für die meisten Gerichte erntet man die jungen Sprossspitzen. Tough Guys pflücken sie einfach und ertragen die Schmerzen. Man kann sie aber auch mit einer Scher abschneiden oder Handschuhe tragen.
Dann gibt man das Kraut in ein Sieb und wäscht es unter fließenden Wasser. Nach meiner Erfahrung gehen die Brennhaare dabei schon kaputt und man kann die Nesseln danach gefahrlos kleinschneiden oder sonstwie weiterverarbeiten.
Brennnesseln eignen sich als Ersatz für Spinat oder würzendes Komponente in Pesto. Man kann auch Suppen, Eintöpfe, Brot und Kuchen damit bereichern. Oder sich von einem der vielen Brennnessel-Kochbücher inspirieren lassen.
Quellen:
Devkota HP, Paudel KR, Khanal S, Baral A, Panth N, Adhikari-Devkota A, Jha NK, Das N, Singh SK, Chellappan DK, Dua K, Hansbro PM. Stinging Nettle (Urtica dioica L.): Nutritional Composition, Bioactive Compounds, and Food Functional Properties. Molecules. 2022 Aug 16;27(16):5219. doi: 10.3390/molecules27165219. PMID: 36014458; PMCID: PMC9413031.
Đurović S, Kojić I, Radić D, Smyatskaya YA, Bazarnova JG, Filip S, Tosti T. Chemical Constituents of Stinging Nettle (Urtica dioica L.): A Comprehensive Review on Phenolic and Polyphenolic Compounds and Their Bioactivity. Int J Mol Sci. 2024 Mar 18;25(6):3430. doi: 10.3390/ijms25063430. PMID: 38542403; PMCID: PMC10970493.